Archiv für das Jahr: 2021

Teufelskinder in Fürstenberg – Altertumsverein zeichnet Forschungsarbeit über Hexenverfolgung aus

Ignaz-Theodor-Liborius-Meyer-Preis geht an Dr. Sarah Masiak

Gab es in der Frühen Neuzeit Hexen? Diese ebenso schlichte wie provokante Frage, welche von aufgeklärten Zeitgenossen heute mitleidig verneint wird, hat sich die Historikerin Dr. Sarah Masiak bei ihrem Dissertationsvorhaben gestellt. Die Wissenschaftlerin untersuchte die besondere Wirkung eines gesellschaftlichen Stigmas am Beispiel der fürstenbergischen Hexenverfolgungen im Hochstift Paderborn (1601-1702). In ihrer Feldstudie beleuchtete sie das Phänomen sogenannter „Teufelskinder“ erstmals multiperspektivisch. Dabei geht es um Angehörige einer lokalen „Hexensippe“, deren Existenz sich im 1300-Seelenort Fürstenberg über fünf Generationen nachweisen lässt. Ihre vermeintliche Abstammung von „Hexenart“ führte nicht nur zur gesellschaftlichen Ausgrenzung und massiver Verfolgung, sondern schuf auch einen ganz eigenen sozialpsychologischen Teufelskreis: Förmlich gezwungen, sich stets mit dem attribuierten Hexenimage auseinanderzusetzen, nahmen einige Teufelskinder ihr Label als „Hexe“ an. Das Ergebnis von Zuschreibung und Verinnerlichung war fatal: Nicht weniger als neun Familien standen teilweise über fünf Generationen immer wieder vor Gericht, angeklagt, mit dem „Hexenblut“ infiziert zu sein.

Für ihre herausragende Forschungsarbeit unter dem Titel „Deüffelskinder“ erhielt Dr. Sarah Masiak nun auf dem Schloss in Fürstenberg den Ignaz-Theodor-Liborius-Meyer-Preis des Paderborner Altertumsvereins. „Das wissenschaftliche Verdienst von Frau Masiaks akribischer Quellenarbeit liegt primär darin, diesen Weg des „Hexenmachens“ durch mehrfachen Perspektivwechsel erstmals kritisch, kenntnisreich und scharfsinnig nachzeichnen zu können. Dabei konfiguriert die Verfasserin ihr Methodenset stets neu: Neben dem Instrumentarium der Historischen Kriminologie greift die Arbeit interdisziplinäre Ansätze aus der Neuen Devianzforschung oder der Sozialpsychologie auf. Erst durch diesen innovativen Methodenmix gelingt es, vereinfachende Täter-Opfer-Stereotype aufzubrechen. Die Arbeit von Frau Masiak bietet eine ebenso kenntnis- wie faktenreiche Mikrogeschichte, deren Erkenntnisse und Methoden weit über die Region hinausreichen dürften“, betonte der Laudator der Preisträgerin Prof. Michael Ströhmer. Die Forschungsarbeit von Dr. Masiak ist unter dem Titel Teufelskinder. Hexenverfolgung und gesellschaftliche Stigmatisierung im Hochstift Paderborn (1601-1703) im Buchhandel erhältlich.

Über den Ignaz-Theodor-Liborius-Meyer-Preis

Der Ignaz-Theodor-Liborius-Meyer-Preis wird vom Paderborner Altertumsverein seit 1991 für Arbeiten junger Historiker zur Geschichte Ost- und Südwestfalens ausgelobt. Der Preis ist mit einem Preisgeld von 2.500 Euro dotiert.

Bildzeile: Freude über eine herausragende Forschungsarbeit: Antonie Gräfin von Westphalen, Prof. Michael Ströhmer, Dr. Sarah Masiak, Matthias Graf von Westphalen und Dr. Andreas Neuwöhner auf Schloss Fürstenberg. (v. l.)

30. August 2021|

Leben am Hof zu Neuhaus – Biografische Skizzen zur Hofkultur einer fürstbischöflichen Residenz

In der Reihe Studien und Quellen zur Westfälischen Geschichte ist unter dem Titel „Leben am Hof zu Neuhaus“ ein neuer Band erschienen: Die Kulturgeschichte des fürstbischöflichen Hofes in Neuhaus ist ein bislang wenig beachtetes Thema. Zu Unrecht. Vor allem die internationalen Beziehungen des Hofes auch jenseits der konfessionellen Grenzen verdeutlichen, dass Neuhaus in der Frühen Neuzeit ein Zentrum für Künstler und Gelehrte war. Der biographische Zugriff stellt die Akteure des fürstbischöflichen Hofes in den Mittelpunkt. Ihre personalen Netzwerke verbanden die höfische Kultur in Neuhaus mit den Höfen des Alten Reichs und vor allem mit Italien. Im Zentrum des Bandes stehen die Künstler, Gelehrten und Mitglieder des Hofstaates, die mit ihrer Tätigkeit die Kultur des Hofes prägten. Ihr Bezug zu Neuhaus und ihr Beitrag zur Gestaltung des Neuhäuser Hoflebens werden herausgearbeitet und so ein Einblick in den Alltag der fürstbischöflichen Residenz ermöglicht. Damit ist der Band auch für ein breites Publikum von Interesse. Das Buch ist reich bebildert und über ein Ortsregister erschlossen. Über die Herausgeber: Andreas Neuwöhner ist promovierter Historiker und Direktor des Vereins für Geschichte und Altertumskunde Westfalens, Abt. Paderborn. Zudem ist er Verwaltungsrat im Museumsdienst der Stadt Paderborn. Lars Wolfram ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Assistent am Lehrstuhl für Mittelalterliche Geschichte an der Universität Paderborn.

Schloß Neuhaus (Winterbild) | Tourist Information Paderborn

Schloß Neuhaus, ehemals Sitz der Fürstbischöfe, gehört zu den frühen Bauten der Weserrenaissance.

Die ehemalige Fürstbischöfliche Residenz Schloß Neuhaus gehörte zu den bedeutendsten Wasserschlössern Westfalens. In seinen Ursprüngen geht das Schloss auf das 14. Jahrhundert zurück. Zur heutigen Vierflügelanlage mit runden Ecktürmen und Gräfte baute man es jedoch erst im 16. Jahrhundert aus. Schloß Neuhaus zählt somit zu den Frühwerken und somit zu den wichtigsten Beispielen der Weserrenaissance. Bis 1802 war Schloß Neuhaus Residenz der Paderborner Fürstbischöfe. Im historischen Remter und den Repräsentationsräumen des Schlosses befindet sich heute das Residenzmuseum. Der barocke Marstall aus dem 18. Jahrhundert erhielt mit der Einrichtung der Museen für Naturkunde und Kunst eine neue Funktion. Das Schloss bildet mit seinen Nebengebäuden und Barockgarten den Mittelpunkt des Schloß- und Auenparks (Gelände der Landesgartenschau 1994), in dem von Mai bis Oktober der Schloßsommer mit einer Vielzahl kultureller Veranstaltungen stattfindet.

 

10. Februar 2021|
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